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KnapsackSPIEGEL 02/2023

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Das Magazin des Chemieparks Knapsack

Können Kabel altern?

Können Kabel altern? Sie können. YNCORIS hat deshalb mit dem umfangreichsten Kabel-Investitionsprojekt der letzten Jahrzehnte für maximale Verfügbarkeit gesorgt. Davon profitiert Westlake Vinnolit, aber auch alle nach gelagerten Produktionsbetriebe. Ganz schön engagiert: das Kabeltrassen-Team N ur noch wenige Tage bis zum entscheidenden Moment im Blockfeld von Westlake Vinnolit. Wenn das Unternehmen nach seinem alljährlichen Stillstand die Produktion wieder anfährt, kommt der Strom für die beiden leistungsstarken Transformatoren L und M über eine neue Kabeltrasse. 150 Tonnen Kupfer hat YNCORIS dafür im Werksteil Hürth vergraben – in Kabeln so dick, dass sie sich gerade noch biegen lassen. Aneinandergelegt reichten sie vom Feierabendhaus bis nach Aachen, Krefeld oder Gummersbach. „Eine so große Kabeltrasse haben wir in den letzten 20 Jahren nicht gebaut“, sagt Heiko Andernach, strategischer Asset-Manager für das Stromnetz im Chemiepark Knapsack und Bauherr für das Projekt. Mit der Investition sichert YNCORIS nicht nur die Stromversorgung für Westlake Vinnolit, sondern auch die Produktionen im Nachgang, die Chlor oder Natronlauge als Ausgangsstoff nutzen. Denn der Strom, der durch die neuen Leitungen fließt, entspricht 27 Prozent der gesamten Leistung im Werksteil Hürth. In bis zu 30 Kabeln nebeneinander haben die Chemieparkbetreiber Kupfer im Wert von 1,1 Millionen Euro verbaut. GROSSER STROMHUNGER Westlake Vinnolit benötigt für seine moderne, umweltfreundliche Membran-Elektrolyse große Mengen an Strom, um aus Steinsalz und Wasser die wichtigen Grundchemikalien Chlor und Natronlauge zu erzeugen. In einer Zustandsbewertung des Kabelnetzes mit der Bergischen Universität Wuppertal im Jahr 2018 hatte sich jedoch gezeigt, dass die beiden Trassen zu den Chlortransformatoren L und M eine höhere Ausfallwahrscheinlichkeit als alle anderen Kabelstrecken im Chemiepark aufwiesen. „Unser Anspruch ist eine hundertprozentige Verfügbarkeit. Das konnten die Kabel aus den 70er-Jahren nicht mehr leisten. Uns war deshalb klar, dass wir aktiv werden mussten“, so Andernach. Etwas mehr als ein Jahr später kam es dann auch zu einem Fehler, für Andernach die Bestätigung der Messmethode. Bis zur offiziellen Mittelfreigabe und dem „Go“ für den Austausch dauerte es noch bis Juli 2022. WENIG ZEIT, KNOCHENHARTER BODEN UND ZUGVERKEHR Bei der Umsetzung hatte das Team gleich mehrere Herausforderungen zu meistern. Da war zum einen der enge Zeitplan, damit bis zum Stillstand im April 2023 alles fertig wurde. „Unser Engineering hat zügig mit der Detailplanung und Ausschreibung begonnen, um die Kabel möglichst bald bestellen zu können“, sagt YNCORIS-Projektleiter Stefan Eckloff. „Schließlich reden wir hier nicht von handelsüblichen 16 | KNAPSACKSPIEGEL 2 / 2023

„Die Zusammenarbeit war sehr kollegial. Ich habe selten eine derart reibungslose Baustelle erlebt – und es waren immerhin über hundert Personen involviert.“ Stefan Eckloff Mengen.“ Dabei kamen ihnen die flexiblen Strukturen im Unternehmen zugute. Denn an einem Freitagnachmittag brach plötzlich der Kupferpreis ein. Das Team nutze die Situation und konnte 120.000 Euro sparen. Auch das Ausschachten gestaltete sich aufwendig. Auf über 90 Prozent des Weges liegt unter einer dünnen Schicht Mutterboden Phosphor-Schlacke, die nach dem Ende des Braunkohleabbaus im Werksteil Hürth zum Aufschütten genutzt wurde. Der Stoff war ursprünglich sandartig, verfestigte sich aber im Laufe der Zeit so stark, dass er wie Beton mit großen Stemmhämmern bergmännisch abgebaut und auf der Deponie entsorgt werden musste. Die technisch größte Herausforderung stellten die bestehenden Bahngleise dar. Siebenmal kreuzt die Kabeltrasse sie. Damit die Züge während der regulären Anlieferungszeiten fahren konnten, wurden die Gleise bis zu 2,8 Meter tief untergraben – vorzugsweise am Wochenende. Andernach: „Uns haben hervorragende und flexible Partnerfirmen unterstützt.“ Die Trasse selbst ist dreilagig übereinander aufgebaut. Je eine Lage Kabel bedient einen Trafo. Die oberste Schicht nutzt das Team für die Infrastruktur, also die Signalanbindung, Temperaturkontrolle und eine stabile Datenübertragung. „Weil die Kosten für den Tiefbau hoch sind, haben wir versucht, Synergien zu nutzen und direkt weitere Kabel mitverlegt“, so Andernach. PERFEKTE ZUSAMMENARBEIT Das Projekt verlief trotz aller Herausforderungen rund. „Wir haben gute und schnelle Entscheidungen getroffen, intelligente und vergleichsweise kostengünstige Kabelwege gefunden und sind mit dem Ergebnis sehr zufrieden“, findet auch Eckloff. Die enge und vertrauensvolle Abstimmung mit den Verantwortlichen aus Technik und Chlor-Alkali-Elektrolysebetrieb von Westlake Vinnolit habe erheblich zum Erfolg beigetragen. Er sieht es als große Stärke des Standorts, dass sich alle Beteiligten konstruktiv einbringen und Wert legen auf Arbeitssicherheit und Qualität. Das zahlte sich aus: Bei den Baumaßnahmen blieben alle bestehenden Leitungen intakt, die Arbeiten verliefen unfallfrei. Die Stimmung im Team war dementsprechend gut. „Eine echte Investition in die Zukunft“, freut sich Westlake Vinnolit Standortleiter Jürgen Eichler. „Wir werden auch langfristig große Mengen von – hoffentlich möglichst bald – erneuerbarem Strom benötigen, um unsere Anlagen klimafreundlich zu betreiben.“ Gerade läuft der Umschluss. Insgesamt zwei Wochen hat die Partnerfirma Zeit, die 60 Kabel anzuschließen. Dazu arbeitet sie im Schichtbetrieb. Dass auch hier alles wie am Schnürchen läuft, davon sind alle überzeugt. Ganz schön genau: Heiko Andernach (vorne) und Stefan Eckloff begutachten die Trasse Sicher buddeln an der Kabeltrasse Tiefbauarbeiten in der Straße – und schon fällt der Strom aus, weil ein Bagger das Kabel beschädigt hat. Was im öffentlichen Bereich ärgerlich ist, könnte im Chemiepark und bei einer Stromstärke von rund 4.000 Ampere schwerwiegende Folgen haben. Deshalb sind sämtliche Kabelwege mehrfach gesichert. Innerhalb der Kabeltrasse liegen die einzelnen Kabel durch Ziegelsteine und Sand voneinander getrennt, damit ein möglicher Fehler nicht auf andere Kabel überspringen kann. Die oberste Lage ist zudem durch spezielle Kunststoffplatten abgedeckt. Hinzu kommt ein leuchtend gelbes Warnband. Zusätzlich erfordern alle Tiefbaumaßnahmen im Chemiepark eine Schachtfreigabe. Dabei prüfen die Verantwortlichen im Vorfeld, ob und mit welchen Einschränkungen gegraben werden darf – manchmal auch nur per Hand. Ganz schön hart: die Phosphor-Schlacke im Hintergrund KNAPSACKSPIEGEL 2 / 2023 | 17

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