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KnapsackSPIEGEL 03/2021

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Das Magazin des Chemieparks Knapsack

VIEL ZU PLANEN: 67

VIEL ZU PLANEN: 67 SEITEN LASTENHEFT 476 AUSRÜSTUNGSGEGENSTÄNDE 217 POSITIONEN ZU FAHRGESTELL, MOTOR UND CO. 4 FEUERWEHREN BESUCHT 600 EINSÄTZE AUSGEWERTET Jeder Beladungsgegenstand wird entnommen und geprüft. VOM BLINKER BIS ZUM WASSERWERFER Fahrzeuge für die Werkfeuerwehr gibt es nicht von der Stange. Die Planung ist aufwändig, schließlich müssen sie bedarfsgerecht, sicher und wirtschaftlich sein. Nach rund drei Jahren intensiver Planung und Abstimmung im Team und einer Bauphase von 2 Jahren ist das neue Fahrzeug der Werkfeuerwehr Knapsack nun fast fertig. D as idyllische Zillertal ist vielen Skifahrern und Wanderern ein Begriff. Für die Schönheiten der Natur hatten die Kollegen der Werkfeuerwehr Knapsack bei ihrem letzten Besuch jedoch wenig Sinn. Ihr Interesse galt der Technik, genauer gesagt einem Großtanklöschfahrzeug – kurz GTLF. Denn dieses Fahrzeug planen die Feuerwehrleute bereits seit knapp drei Jahren. „Der Moment, wenn man das Fahrzeug das erste Mal sehen und anfassen kann, erzeugt schon ein Kribbeln“, sagt Dennis Scholzen aus dem Sachgebiet Technik der Werkfeuerwehr Knapsack. Er war Ende Mai zusammen mit zwei Kollegen angereist, um den Rohbau des Fahrzeugs bei der Firma Empl im Zillertal abzunehmen. WARUM EIN NEUES FAHRZEUG? Der Gesetzgeber schreibt vor, dass sich die Leistungsfähigkeit einer Werkfeuerwehr an den von den Betrieben ausgehenden Gefahren orientieren muss. Da viele Anlagen und Produktionsprozesse im Laufe der Jahre an neue Anforderungen angepasst wurden, haben sich auch die daraus resultierenden Gefahren innerhalb des Chemieparks verändert. Des Weiteren hat sich in den letzten Jahren die Technik und die Einsatztaktik von Löschfahrzeugen rasant weiterentwickelt. Damit die Werkfeuerwehr ihre Aufgaben erfüllen und Mitarbeiter und Umwelt im Ereignisfall schützen kann, muss sie regelmäßig ihre Ausrüstung und Technik in einem gesetzlich vorgeschriebenen Brandschutz- und Entwicklungsplan überprüfen. Doch was genau sind die Anforderungen an die Sicherheit in Knapsack und wie lässt sich gewährleisten, dass die neue Technik diesem Bedarf auch in den nächsten Jahren gerecht wird, ohne dabei zu großzügig zu kalkulieren? YNCORIS nutzte dazu die Masterarbeit von Sebastian Hecht, Mitarbeiter im Team Notfall- und Krisenmanagement, und verfolgte damit bei der Ermittlung der wesentlichen Leistungsparameter erstmalig einen wissenschaftlichen und szenarienbasierten Ansatz. Er untersuchte die Gefahrenschwerpunkte im Chemiepark und nahm unter anderem die Einsätze der letzten 15 Jahre unter die Lupe. „Dabei spielt zum Beispiel die Höhe der Gebäude eine Rolle, die Entfernung zum nächsten Hydranten oder die Wärmestrahlung, die ein Brand abgeben könnte“, erklärt Hecht. „Daraus ergibt sich, wie weit ein Fahrzeug Wasser werfen können oder wie viel Löschwasser es mit sich führen muss.“ Das daraus entstandene 16 | KNAPSACKSPIEGEL 3 / 2021

Anforderungsmodell glich er gemeinsam mit seinen Kollegen von der Werkfeuerwehr mit der Praxis ab, zum Beispiel über Gespräche mit anderen Werkfeuerwehren, aber auch mit den Leistungskatalogen von Herstellern und den Gegebenheiten im Chemiepark. Hecht: „Das ideale Fahrzeug muss schließlich auch überall um die Kurven kommen, ohne an einer Rohrbrücke hängenzubleiben.“ Zusätzlich bestätigte ein externer Sachverständiger die Angaben aus dem aktualisierten Brandschutz- und Entwicklungsplan. EINZIGARTIGE KONSTRUKTION Auf der Basis seiner Kennzahlen entwickelten die Kollegen aus der Werkfeuerwehr ein 67-seitiges Lastenheft. Denn die Konstruktion eines solchen Fahrzeugs ist aufwändig: Während sich die Feuerwehren der Städte und Kreise in einer Art Baukastensystem bedienen können oder Anforderungen und Beladungen in Normen festgelegt sind, müssen Fahrzeuge der Werkfeuerwehr aufgrund der vielseitigeren Aufgaben und speziellen Einsatzbedingungen bis hin zur kleinsten Schraube definiert und konfiguriert werden. „Wir haben uns daher unter anderem intensiv eingelesen, Einsätze Revue passieren lassen und andere Feuerwehrfahrzeuge besichtigt, um festlegen zu können, auf welche Aspekte wir beim neuen Fahrzeug den Fokus richten“, erklärt Günter Lipp, der das Fahrzeug gemeinsam mit Scholzen federführend geplant hat. Allein 476 Beladungsgegenstände sind im Lastenheft dokumentiert, hinzu kommen unter anderem sämtliche Anforderungen an Fahrgestell, Motor, Elektrik, Aufbauten, Funktechnik und Schlauchabgänge. Dabei sind unzählige Fragen zu klären: Was soll in welches Fach? Wie werden die Fächer verriegelt? Wie lässt sich am schnellsten und ergonomischsten arbeiten? Auch die geltenden Normen und Feuerwehrdienstvorschriften müssen eingehalten werden. So ist zum Beispiel vorgeschrieben, dass für Einsatzkräfte nach einem Einsatz mit Atemschutzausrüstung sofort ein Liter Wasser bereitzuhalten ist. Auch dafür gibt es im neuen Fahrzeug nun einen Platz. ROHBAUABNAHME ERFOLGREICH Die Rohbauabnahme im Mai bildete den bisherigen Höhepunkt für die Feuerwehrleute. Bis auf die Elektrik war das GTLF zu diesem Zeitpunkt zu weiten Teilen fertiggestellt und beladen. „Wir haben zunächst mögliche bauliche Mängel geprüft und uns jeden Punkt des Leistungsverzeichnisses angeschaut, jeden Beladungsgegenstand herausgenommen und geprüft“, erklärt Scholzen. „Bis jetzt sind wir sehr zufrieden mit dem Fertigungszustand des GTLF.“ Korrigiert werden mussten lediglich Details an der Beladung, um sie noch schneller und ergonomischer handhaben zu können. ENDSPURT BIS AUGUST Ruhiger ist es für das Projektteam nach der Rohbauabnahme nicht geworden – im Gegenteil. Scholzen: „Die Programmierung der Elektrik ist komplex. Deshalb stehen wir in engem Kontakt mit den Mitarbeitern der Firma Empl vor Ort, bereiten Unterlagen vor und stimmen uns eng ab, damit es nicht zu Verzögerungen kommt.“ Im August steht die Endabnahme an. Innerhalb von fünf Tagen vor Ort werden fünf Kollegen jedes Lämpchen, jede Kupplung und jede Funktion kontrollieren. Hinzu kommen die ersten Fahrten, einschließlich Schaum- und Wasserabgabe. „Einige Kollegen haben ihren Urlaub verschoben, damit wir das Fahrzeug so bald wie möglich abnehmen können und gleichzeitig in Knapsack weiter einsatzfähig bleiben“, so Lipp. „Das zeigt, wie sehr wir alle dem neuen Fahrzeug entgegenfiebern. Denn mit ihm können wir die Menschen und Anlagen im Chemiepark noch einmal deutlich besser schützen.“ ECHTE TEAMLEISTUNG Allein ist eine solche Aufgabe nicht zu stemmen. Deshalb holten sich Scholzen und Lipp aus jeder Wachabteilung zwei Kollegen mit ins Boot. Regelmäßig konnten auch die anderen Kollegen die Fortschritte diskutieren. „Es war uns besonders wichtig, Transparenz zu schaffen und eine Lösung zu finden, die möglichst vielen gerecht wird“, so Scholzen. Seit Beginn der Planungsphase mussten die Kollegen immer wieder umdenken – zum einen, weil sich der Markt veränderte, aber auch, weil im Rahmen des begrenzten Budgets Prioritäten nötig waren. Ein besonderes Augenmerk lag auf der Arbeitssicherheit der Einsatzkräfte. „Bei der Beschaffung des Fahrzeugs hat uns der Einkauf sehr stark unterstützt, damit wir das beste Preis-Leistungs-Verhältnis realisieren können“, sagt Lipp. „Denn Vergaberichtlinien und Nachverhandlungen waren für uns ein ganz neues Feld.“ Günter Lipp kontrolliert die Transportbox für Schläuche auf dem Dach. KNAPSACKSPIEGEL 3 / 2021 | 17

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