NACHHALTIGKEIT KONKRET: VOM KUNSTSTOFF ZUM KUNSTSTOFF Im Frühjahr 2026 soll die erste Anlage von LyondellBasell im neuen Werksteil Hürth-Süd in Betrieb gehen, um Kunststoffabfälle zu recyceln und weiterzuverarbeiten. Mit dieser Anlage schafft das Unternehmen die Grundlage, um daraus in weiteren Schritten neuen Kunststoff herzustellen. Wolfgang Klemmer ist Business Opportunity Manager bei LyondellBasell und leitet das Bauprojekt. Er erklärt, warum die neue Anlage für das Unternehmen so wichtig ist. O b Käse-, Schokoriegelverpackung oder Joghurtbecher – jeden Tag erzeugen Menschen große Mengen an Kunststoffabfällen. Zwar steigt der Anteil von recycelten Kunststoffen, doch gerade bei Lebensmitteln werden die Verpackungen aufgrund der hohen Anforderungen fast immer aus neuen Kunststoffen hergestellt. Ein hoher Ressourcenverbrauch. „Viele große Konsumgüterproduzenten wollen daher bis 2030 den Anteil von recyceltem Kunststoff in den Verpackungen ihrer Produkte kontinuierlich erhöhen“, sagt Klemmer. „Für dieses Ziel benötigen die Verpackungshersteller Kunststoffe mit Rezyklatanteil, der für Lebensmittelanwendungen zugelassen ist – und zwar in großen Mengen. Diesen wachsenden Markt wollen wir bedienen.“ Bis 2030 strebt LyondellBasell an, weltweit zwei Millionen Tonnen Polymere aus Rezyklaten und nachwachsenden Rohstoffen herzustellen. ÜBER KNAPSACK ZURÜCK IN DEN WERTSTOFFKREISLAUF Doch Kunststoffe wiederzuverwenden ist mit hohen Anforderungen verbunden – sowohl technisch als auch aufgrund gesetzlicher Regelungen. Das verbreitete mechanische Recycling benötigt darüber hinaus sehr gut vorsortierte, idealerweise sortenreine Kunststoffabfälle. Neben diesen sortenreinen Anteilen landen heute mehr als 50 Prozent als unsortierte Kunststoffabfälle in der Verbrennung. Klemmer: „Hier kommt unsere neue Anlage am Standort Knapsack ins Spiel. Sie soll diesen Anteil mit modernster 22 | KNAPSACKSPIEGEL 4 / 2024
Technik noch einmal deutlich besser sortieren. Wir nehmen also den mechanischen Wiederverwertern nichts weg, sondern führen voraussichtlich rund zwei Drittel dieser ‚Reste‘ wieder in den Wertstoffkreislauf zurück.“ Dazu werden die Kunststoffe vollelektronisch erkannt, aufgeteilt und danach in eine Art Pellets aufgeschmolzen. Die gewählte Anlagenkonstruktion für Knapsack orientiert sich an einer sehr ähnlichen Anlage eines verbundenen Unternehmens nahe Hannover. „Wir rechnen daher damit, dass wir durch das bereits erprobte Konzept deutlich schneller mit der Produktion starten können“, so Klemmer. DREI FRAGEN AN WOLFGANG KLEMMER KREISLAUFWIRTSCHAFT FÜR KUNSTSTOFFE thermische Verwertung Sammlung & Sortierung Ab jetzt läuft es rund Einsatz & Gebrauch Recycling Biomasse durch Kompostierung Kunststofferzeugnisse Herstellung von Kunststoff Recyclingfähig – was heißt das überhaupt? Rohöl Nicht alles, was sich theoretisch wiederverwerten ließe, kann auch wirklich recycelt werden. In der Entsorgungsindustrie gelten deshalb nur solche Artikel als recyclingfähig, die von den Sortiereinrichtungen der Unternehmen erkannt und von anderen Stoffen oder Verpackungen getrennt werden können. Hier will LyondellBasell mit der Anlage im Werksteil Hürth-Süd signifikante Verbesserungen schaffen (siehe Grafik oben). Herr Klemmer, was macht ein Business Opportunity Manger? Ich schaue nach Chancen für unser Unternehmen, insbesondere im Hinblick auf die Kreislaufwirtschaft. Welche Kunststoffe werden wir zukünftig benötigen? Wie können wir uns am Kunststoffrecycling beteiligen, wie es vermarkten? Was machen andere Standorte bereits, wie können wir voneinander profitieren oder Schnittstellen optimieren? Das sind Fragen, auf die ich eine Antwort suche. Deshalb stehe ich in engem Kontakt mit Kolleg*innen von anderen Standorten unter anderem in Deutschland und den Niederlanden. Was macht Ihren Job spannend? Ich arbeite mit vielen Menschen aus den unterschiedlichsten Bereichen zusammen, zum Beispiel aus Rohstoffbeschaffung, Projektmanagement, Produktentwicklung, Marketing und Finanzen. Diese Schnittstellen zu verbinden und ein gleiches Verständnis für alle zu schaffen, das macht meine Aufgabe interessant und vielseitig. Schon vor dem ersten Spatenstich in Hürth-Süd denke ich darüber nach, wo wir eine solche Anlage noch einmal bauen könnten. Für mich ist klar, die Schließung von Kreisläufen ist das richtige Ziel und es macht mir Spaß, daraufhin zu arbeiten. Was macht der Privatmensch Klemmer? Der freut sich auf seine beiden Enkel, die noch dieses Jahr auf die Welt kommen und ihn sicher auf Trab halten werden. Ansonsten bin ich im Männergesangverein in Brühl aktiv, also gleich um die Ecke. Hier treffe ich auch viele meiner Freunde. KNAPSACKSPIEGEL 4 / 2024 | 23
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