„WIR WOLLTEN EINEN UNTERSCHIED MACHEN.“ Hilfe für die Ukraine Dr. Markus Lindner aus der Abteilung Gesundheit von YNCORIS und Fabian Fischer von der Werkfeuerwehr des Chemieparks Knapsack haben gemeinsam mit polnischen Bekannten in den ersten Kriegs tagen einen Medikamententransport in die Ukraine organisiert. E s ist Sonntagnacht, zwei Uhr, dunkel und kalt am Grenzübergang von Polen in die Ukraine. Dr. Markus Lindner, Fabian Fischer und fünf weitere Mitstreiter warten auf einen ukrainischen Laster, um die mitgebrachten Medikamente umladen und an Krankenhäuser in der Region Lwiw und Kiew weiterleiten zu können. An der Grenze lange Schlangen: von Geflüchteten, Privatfahrzeugen, LKW und Militär. Viele Frauen schlafen mit ihren Kindern dicht an dicht in einem nahegelegenen ehemaligen Einkaufszentrum. Die Helfer stehen bereits zum zweiten Mal an der Grenze. Schon am Samstagvormittag hatten sie nach insgesamt über fünfzehn Stunden Fahrt aus Hürth gehofft, die dringend benötigten Medikamente direkt in einen Laster aus der Ukraine umladen zu können. Doch um drei Uhr nachts wird klar, dass der angekündigte LKW zwar die ukrainische Seite passiert hat, nun aber auf polnischer Seite in der Der erste Transport auf dem Weg in die Ukraine Dr. Markus Lindner (links) und Fabian Fischer Kontrolle festhängt und die Übergabe auch diesmal scheitern wird. Am nächsten Sonntagmorgen sind die Helfer nach der kurzen Nacht im rund eine Stunde entfernten Hotel wieder vor Ort und kurz davor, die Medikamente einzulagern, als der Laster eintrifft. Wenige Zeit später geht die Ladung endlich in Richtung ukrainische Krankenhäuser. Es ist einer der ersten größeren Medikamententransporte in das Krisengebiet überhaupt, wie das Team später erfährt. SCHNELLE HILFE Zur Hilfsaktion kam Lindner wenige Tage nach Ausbruch des Krieges eher zufällig über einen Bekannten, der nahe der polnisch-ukrainischen Grenze wohnt. „Wir hatten durch unsere Kontakte zu ukrainischen Krankenhäusern die Möglichkeit, schnell und gezielt dringend benötigte Medikamente in die Region zu bringen. Das Gefühl, hier einen Unterschied für die Verteilung der Hilfsgüter in der Ukraine Ein späterer Transport nach Charkiw wurde beschossen. Die Fahrer blieben unverletzt. Menschen machen zu können, hat uns angetrieben“, so Lindner. „Die großen Hilfsorganisationen benötigen normalerweise zwei Wochen, bis sie ihre ganze Tatkraft entfalten können.“ Dass die Hilfe zielgenau dort ankommt, wo sie dringend benötigt wird, ist für Privatpersonen häufig schwer zu überblicken. An der Grenze sammelten sich daher viele Menschen, die vor Ort gar nichts tun konnten. Durch ihre Kontakte zu anderen Medizinern hatten die Helfer aus Hürth nicht nur den Bedarf, sondern auch die Übergabe im Vorfeld organisiert – und trafen trotzdem auf Hindernisse. Viele der Arzneimittel, die die Helfer in kürzester Zeit mit anderen Ärzten, Apotheken und Pharmazeuten zusammengetragen hatten, gehörten nicht zu den klassischen Arzneimitteln aus der Hausapotheke. „Uns war deshalb wichtig, dass die Medikamente auch sicher in die richtigen Hände gelangen“, so Lindner. Grundsätzlich sollten Sachspenden gut überlegt sein: „Der Bedarf ist oft ein ganz anderer als wir uns das hier vorstellen – und kann sich schnell ändern. Im Zweifel ist eine Geldspende sinnvoller.“ Lindner hofft, dass die Solidarität der Menschen noch lange anhält – auch wenn die Herausforderungen für die Gesellschaft zunehmen: „Helfen können wir alle, ob durch Spenden oder eigenes Engagement. Ich bin überzeugt, dass dabei auch die kleinen Dinge zählen.“ Bildmaterial: Dr. Markus Linder und Fabian Fischer 20 | KNAPSACKSPIEGEL 2 / 2022
„RICHTIG“ SPENDEN Viele Menschen haben derzeit das Bedürfnis, selbst etwas zu tun. Doch wenn sich an der Grenze zur Ukraine Kleinlaster mit warmer Kleidung und Windeln stauen, während die Menschen im Land Konserven und Verbandsmaterial benötigen, verpufft ein wichtiger Teil der Hilfe. Gleichzeitig leiden Menschen überall auf der Welt – nur weit weniger beachtet: in Somalia und im Jemen, in Syrien und Afghanistan. Richtig zu spenden ist daher fast genauso wichtig, wie überhaupt zu spenden. Hier ein paar Tipps: • Geldspenden sind in aller Regel besser als Sachspenden. Spenden Sie nur Sachgüter, wenn eine seriöse Hilfsorganisation oder eine vertrauenswürdige lokale Organisation Sie gezielt darum bittet. • Kaufen Sie bei Sachspenden keine Auswahl von verschiedenen Artikeln. Besser sind möglichst viele Artikel einer Sorte – sofern Sie sicher sind, dass sie auch benötigt werden. • Spenden bis 150 Euro sollten Sie nicht splitten, rät die Stiftung Warentest. Denn dadurch entstehen höhere Verwal tungskosten, es kommt weniger Geld bei den Hilfsbedürftigen an. • Spenden Sie an gemeinnützige Hilfsorganisationen. Auf der Website des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen (DZI) finden Sie eine Liste aller Organisationen mit DZI-Spendensiegel. Sie können auch lokal spenden, wenn Sie die Organisation kennen und ihren Aktivitäten vertrauen. • Spenden Sie ohne konkreten Verwendungszweck. Hilfsorganisationen dürfen Spenden, die mit einem Verwendungszweck – zum Beispiel „Ukraine-Hilfe“ – gekennzeichnet sind, nur für diesen Zweck verwenden. Sogenannte „freie Spenden“ lassen sich von der Hilfsorganisationen nach eigenem Ermessen für die Menschen und Projekte verwenden, die es gerade am dringendsten nötig haben. • Spenden für gemeinnützige Organisationen können Sie von der Steuer absetzen. Seit 2021 reicht dafür bis zu einer Höhe von 300 Euro der Kontoauszug als Spendenbescheinigung. Darüber benötigen Sie eine amtliche Spendenquittung. Tipp „WasWohin“ – App bringt Helfer und Hilfesuchende zusammen In der App „WasWohin“ können Organisationen und Privatpersonen einstellen, was sie benötigen und wo Helfer es abgeben können. Wer Geflüchtete unterstützen möchte, findet auf der ebenfalls integrierten Karte die Orte in Deutschland, an denen aktuell konkrete Hilfsgüter benötigt werden. Die „WasWohin“-App ist kostenlos, tracking- und werbefrei, als Webversion sowie für iPhone und Android erhältlich. Tipp Übersetzungs-Apps: Verständigung leicht gemacht Lokale Anlaufstellen: Erftstadt www.erftstadt.de/web/8-news/1145-infor mationen-und-hilfen-fuer-kriegsvertriebene Hürth Viele Geflüchtete können bei ihrer Ankunft in Deutschland weder Englisch noch Deutsch. Hier helfen kostenlose Sprachübersetzungs-Apps. Neben dem „Google-Übersetzer“, der auf Android-Handys bereits standardmäßig installiert ist, bietet der „Microsoft Übersetzer“ beziehungsweise der „Microsoft Translator“ für iOS viele Möglichkeiten, darunter einen Chat mit mehreren Personen gleichzeitig auf deren Smartphones. www.huerth.de/hilfe-fuer-die-ukraine.php Frechen www.stadt-frechen.de/ukraine/frechenhilft.php Brühl www.bruehl.de/ukrainehilfe.aspx | 21
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